Gliederung:
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Mit der Kodierung der motorischen und kognitiven Funktionseinschränkungen lassen sich alltagsrelevante Fähigkeitsstörungen im Hinblick auf die ADL-Kompetenz darstellen. Eine (vorübergehende) Einschränkung der ADL-Kompetenz ergibt sich praktisch zwangsläufig aus dem Vorliegen einer Behandlungsbedürftigkeit von 2 oder mehr Merkmalkomplexen einer geriatrietypischen Multimorbidität. Daher sind die Kodierungen ICD U50.- und ICD U51.- äußerst wichtige geriatrische Markerkodes.
Die Erfassung und Klassifizierung einer motorischen Funktionseinschränkung erfolgt entweder über den Barthel-Index (ICD U50.-, fünfte Stelle: 0) oder über den motorischen FIM (Functional Independence Measure; ICD U50.-, fünfte Stelle: 1).
Die Kodierung der motorischen Funktionseinschränkung erfolgt einmalig innerhalb der ersten fünf stationären Behandlungstage; bei unerwarteten rapiden klinischen Veränderungen ist eine Wiederholung der Messung erforderlich, um innerhalb dieser Zeit ist den höchsten Punktwert ermitteln zu können, der dann zu verschlüsseln ist. Bei geriatrischer oder frührehabilitativer Behandlung erfolgt die Kodierung analog zu Beginn dieser Behandlung.
Die standardisierte Messung der kognitiven Funktionseinschränkung erfolgt entweder über die MMSE (Mini Mental State Examination; ICD U51.-, fünfte Stelle: 2), den EBI (erweiterter Barthel-Index; ICD U51.-, fünfte Stelle: 0) oder den kognitiven FIM (Functional Independence Measure; ICD U51.-, fünfte Stelle: 1). Die einmalige Kodierung der kognitiven Funktionseinschränkung erfolgt innerhalb der ersten fünf stationären Behandlungstage; bei klinischen Veränderungen innerhalb dieser Zeit ist eine erneute Messung vorzunehmen und der höchste Punktwert zu verschlüsseln. Bei geriatrischer oder frührehabilitativer Behandlung erfolgt die Kodierung analog zu Beginn dieser Behandlung.
Bei diesem für die Geriatrie zentralen Merkmalkomplex ist sehr genau zwischen folgenden Definitionen zu unterscheiden:
Die Rekonvaleszenz nach medizinischer Behandlung fällt gleichfalls unter diese Rubrik, typischerweise Karzinom-Patienten im Anschluss an eine Chemotherapie- (»ICD Z54.2!<«) oder Strahlentherapiesitzung (»ICD Z54.1!
«). Eine konservativ behandelte Fraktur sollte ebenfalls mit dem zugehörigen Rekonvaleszenz-Kode versehen werden (»ICD Z54.4!
«)
Zur Hauptdiagnose wird die Immobilisierung (ICD M96.88) nur in den Fällen, wenn die ursprünglich veranlassende Krankheit oder Komplikation nicht mehr fortbesteht und/oder mehrere gleichwertige Krankheiten oder Komplikationen fortbestehend sind und im Wesentlichen die funktionellen Folgen (Immobilisierung) Anlass zur anschließenden geriatrischen Behandlung gegeben haben.
Die Instabilität gehört zu den "klassischen" 4 geriatrischen Syndromen ("geriatric giants", vier geriatrische "I´s"), die erstmals Ende der 1930er Jahre von Marjory Warren und Ferguson Anderson in Großbritannien beschrieben wurden (Immobilität, intellektueller Abbau, Inkontinenz und Instabilität).
Aus einer Instabilität resultieren Gangunsicherheit und rezidivierende Stürze.
Ein Sturz ist definiert als jedes plötzliche, unbeabsichtigte und unkontrollierte Herunterfallen/-gleiten des Körpers aus dem Liegen, Sitzen oder Stehen auf eine tiefere Ebene. Im » Stratify-Assessment wird das Sturzrisiko auf der Grundlage des Vorhandenseins verschiedener Faktoren (Gangunsicherheit, kürzlicher Sturz, Sehbehinderung, mentale Alteration wie Verwirrtheit o. Agitiertheit, Toilettendrang) eingeschätzt.
Die ICD R29.6 ("Sturzneigung, anderenorts nicht klassifiziert") sollte kodiert werden, wenn bei einem Patienten ein kürzliches Sturzereignis (Sturz während oder bis 2 Monate vor Klinikaufenthalt) oder rezidivierende ältere Sturzereignisse (mehr als 2 Stürze oder ein Sturz mit Verletzungsfolge in den letzten 12 Monaten) vorliegen. Seit 2006 sind für die Kodierung von Stürzen keine DKR mehr zu beachten (DKR 1803a wurde mit der DKR Version 2006 gestrichen).
Viele neurologische Erkrankungen spielen bei der Instabilität / Sturzneigung geriatrischer Patienten eine große Rolle. Die häufigsten sind in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst.
Eine orthopädisch bedingte Instabilität kann mittels Kodierungen aus dem Bereich "Komplikationen" wie z.B. ICD M84.0- ("Frakturheilung in Fehlstellung" ), ICD M84.1 ("Nichtvereinigung der Frakturenden [Pseudarthrose]" ) oder ICD M84.2- ("Verzögerte Frakturheilung") abgebildet werden. Diese Kodierungen und oben aufgeführte neurologische Defizite können, wenn sie als Folgezustände oder Spätfolgen einer früheren Krankheit vorliegen, mit den nachstehenden Kodierungen für Folgezustände verbunden werden.
Schwindel und Synkopen sind gleichfalls häufig Ursache für eine Instabilität eines geriatrischen Patienten. Nachfolgend findet sich eine Aufstellung differenzialdiagnostisch aufgegliederter Ursachen für Schwindel und Synkopen.
Geriatrische Patienten haben aufgrund ihrer höheren Vulnerabilität ein vergleichsweise hohes Risiko, im Rahmen einer medizinischen Behandlung Komplikationen zu erleiden. Eine sorgfältige und umfassende Dokumentation ist daher in doppelter bzw. dreifacher Hinsicht von großer Bedeutung: Zuallererst handelt es sich zumeist um individuell behandlungsrelevante Risiken hinsichtlich der Stabilität und Prognose seitens des Patienten selbst, dann stellen diese aber auch hinsichtlich einer ggf. verlängerten Verweildauer, einer ggf. notwendigen kurzfristigen Wiederaufnahme sowie auch einer ggf. erforderlichen Re-Operation für das Krankenhaus ökonomisch relevante Risiken dar und schließlich (und nicht zuletzt) geht es bei der Dokumentation von (akuten) Komplikationen auch um die Grundlagen zur Sicherung (und Darstellung) der Ergebnisqualität.
Die nachstehenden drei Tabellen fassen Komplikationen nach den kodiertechnisch relativ einfach unterscheidbaren folgenden 3 Gruppen zusammen:
Kognitive und psycho-mentale Störungen lassen sich in folgende drei Gruppen einteilen:
1. Demenz: Eine Demenz sollte ätiologisch möglichst genau differenziert und entsprechend kodiert werden. Gerade in der Geriatrie sollte die ICD F03 durch eine exaktere Kodierung (Alzheimer-Demenz, vaskuläre Demenz etc.) ersetzt werden. Die nachstehende Tabelle fasst die verschiedenen Kodiermöglichkeiten zusammen.
2. Kognitive Defizite ohne Kriterien einer Demenz: Hierunter werden Hirnerkrankungen oder sekundär das Gehirn betreffende Erkrankungen zusammengefasst, welche die Funktionalität des Gehirns so beeinträchtigen, dass es zu kognitiven Defiziten, meist in Kombination mit affektiven Auffälligkeiten, kommt. Trotz teilweise deutlicher kognitiver Beeinträchtigungen sind dabei die Kriterien einer Demenz nicht erfüllt. Diese Konstellation wird mit den ICD-Kodes F06.- und F07.- abgebildet. In der Geriatrie verwendet man auch den Begriff "Kognitives Defektsyndrom" anstelle des eher negativ besetzten Begriffs "HOPS". Das "mild cognitive impairment" (MCI, leichte kognitive Minderleistung) wird mit ICD F06.7 kodiert. Mit dem MCI ist ein hohes Risiko für die Entwicklung einer manifesten Demenz verbunden.
3. Delir: Hier ist hinsichtlich der Kodierung sorgfältig darauf zu achten, ob zugleich eine Demenz vorliegt, dann ist »ICD F05.1« ("Delir bei Demenz") zu verwenden.
ICD | Originaltext | Erläuterung |
---|---|---|
F05.0![]() |
Delir ohne Demenz | |
F05.1![]() |
Delir bei Demenz | Demenz ist zusätzlich zu kodieren |
Die Kodierung der ICD U51.- ("Kognitive Funktionseinschränkung") rundet diesen Merkmalkomplex ab (sh.Abschnitt Funktionseinschränkungen).
Mangelernährte Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, eine verlängerte Rekonvaleszenzzeit, eine protrahierte Wundheilung und entwickeln häufiger Dekubitalulzera. Auf längere Sicht besteht sowohl eine erhöhte Morbidität als auch ein erhöhtes Mortalitätsrisiko. Mangelernährung und kognitive Defizite treten bei geriatrischen Patienten oftmals gemeinsam auf.
Bei der Definition der Mangelernährung werden Marasmus (reduziertes Körpergewicht, reduzierte Eiweiss- und Fettdepots bei verminderter Energiezufuhr) und Kwashiorkor (signifikante Reduktion des Körpereiweisses mit reduzierter Körperzellmasse bei zumeist noch normalem Körpergewicht) unterschieden. Bei geriatrischen Patienten findet man in der Regel eine Kombination von Eiweiß- und Energiemangel, die sog. Protein-Energie-Malnutrition (PEM).
Für die Objektivierung einer Protein-Energie-Malnutrition werden in der Praxis vielfach folgende Screening-Verfahren herangezogen:
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