Online-Kodierleitfaden Altersmedizin 2010

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Diagnosenkodierung nach Merkmalkomplexen (Teil II: 8-15)

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Gliederung:

» Übersicht: Geriatrietypische Multimorbidität (Einstiegsseite)

• Merkmalkomplex 8: Wunden
  • Tab. 4.8.1: Postoperative Wundkomplikationen
  • Tab. 4.8.2: Traumatisch bedingte Wunden
  • Tab. 4.8.3: Ulzerationen
  • Tab. 4.8.4: Diabetisches Fußsyndrom
• Merkmalkomplex 9: Schmerzen
  • Tab. 4.9.1: Tumor- und tumorassoziierte Schmerzen
  • Tab. 4.9.2: Kopf- und Gesichtsschmerz
  • Tab. 4.9.3: Rückenschmerzen und Wirbelsäulenerkrankungen
  • Tab. 4.9.4: Arthropathien
  • Tab. 4.9.5: Weichteilrheumatismus, Osteo-/Chondropathien
  • Tab. 4.9.6: Neuropathien
  • Tab. 4.9.7: Zentrales und sonstige Schmerzsyndrome
• Merkmalkomplex 10: Fehl- und Mangelernährung
  • Tab. 4.10.1: Kodierung der Mangelernährung
  • Tab. 4.10.2: Kodierung der Symptome einer Mangelernährung
• Merkmalkomplex 11: Miktionsstörungen
  • Tab. 4.11.1: Harninkontinenz
  • Tab. 4.11.2: Harnverhaltung
  • Tab. 4.11.3: Urogenitale Infektionen
• Merkmalkomplex 12: Störungen des Gastrointestinaltrakts
  • Tab. 4.12.1: Diarrhoe, Obstipation und Stuhlinkontinenz
  • Tab. 4.12.2: Gastrointestinale Blutung
• Merkmalkomplex 13: Medikationsprobleme
  • Tab. 4.13.1: UAW bei sachgemäßer Anwendung
  • Tab. 4.13.2: UAW bei unsachgemäßer Anwendung
  • Tab. 4.13.3: Medikamentenabhängigkeit und -missbrauch
• Merkmalkomplex 14: Seh- und Hörbehinderung
  • Tab. 4.14.1: Sehbehinderung
  • Tab. 4.14.2: Hörbehinderung
• Merkmalkomplex 15: Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt
  • Tab. 4.15.1: Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt

 

Merkmalkomplex 8: Wunden

Das Management traumatischer Wunden sowie postoperativer Wundkomplikationen und vor allem chronischer Wunden wie Ulcus cruris und Dekubitus stellt eine ständige Herausforderung für das geriatrische Team dar. Eine sorgfältige Dokumentation ist hier besonders wichtig, wobei das Diabetische Fußsyndrom die höchsten Ansprüche stellt und deshalb am Ende dieses Abschnitts noch einmal separat zusammengefasst wird.

Multiple Dekubitalgeschwüre derselben Lokalisation und desselben Schweregrades werden nur einmal kodiert. Kann der Grad eines Dekubitalgeschwüres nicht sicher bestimmt werden, ist der niedrigere Grad zu kodieren. CAVE: die ICD-Kodes für die Dekubitus-Schweregrade haben sich gegenüber dem Vorjahr verändert!

Der Diabetische Fuß bzw. das Diabetische Fußsyndrom müssen nicht zwangsläufig auf den Fuß beschränkt sein. Vielmehr beinhaltet das Diabetische Fußsyndrom ein Ulkus auf dem Boden einer angiopathischen und einer neuropathischen Komponente. Nicht zuletzt deshalb ist es wichtig, alle Komplikationen und Begleitserscheinungen des Diabetischen Fußsyndroms sorgfältig zu dokumentieren. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über häufig zu beachtende Nebendiagnosen (gemäß DKR 0401h).

 

Merkmalkomplex 9: Schmerzen

Schmerzen sind ein besonders weites Feld in der Medizin und damit auch bei der Kodierung. Allein im rheumatischen Formenkreis sind über 450 Krankheiten, die von der Arthrose bis zur Vaskulitis reichen, mit Schmerzen assoziiert. Hilfreich bei der Kodierung ist zunächst eine Grundeinteilung in nozizeptiv bedingten Schmerz (z.B. somatisch, viszeral usw.) und neuropathisch bedingten Schmerz. Ebenso ist eine Einteilung nach der Lokalisation sinnvoll (Rückenschmerzen). In unten aufgeführter Tabelle sind diverse Kodierungen nach o.g. Schema aufgelistet.

Beim Thema Schmerzen kommt die eingangs im Kapitel Haupt- u. Nebendiagnose beschriebene Thematik Symptom vs. zugrundeliegende Krankheit ganz speziell zum Tragen (s.a. DKR D002f, Hauptdiagnose und D003i, Symptome als Nebendiagnose). Es ist daher genau zu prüfen, ob der Schmerz nicht bereits schon Teil der zugrundeliegenden, bereits kodierten Grundkrankheit ist (z.B. Karzinom, Fraktur oder postoperativer Schmerz). In diesem Fall ist eine weitere Kodierung mit ICD R52.- (Schmerz, anderenorts nicht klassifiziert) nicht zulässig.

Der Schmerz sollte von der Ätiopathogenese möglichst genau kodiert werden. Auch hier ist die Kodierung von ICD R52.- (Schmerz, anderenorts nicht klassifiziert) nur Mittel der letzten Wahl. Beim chronischen Kreuzschmerz sollte eine Kodierung gewählt werden, die die zugrundeliegende Krankheit abbildet. Erst wenn dies nicht möglich ist, sollten je nach Klinik die ICD M54.4 (Lumboischialgie) oder ICD M54.5 (Kreuzschmerz) gewählt werden.

 

Merkmalkomplex 10: Fehl- und Mangelernährung

Mangelernährte Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, eine verlängerte Rekonvaleszenzzeit, eine protrahierte Wundheilung und entwickeln häufiger Dekubitalulzera. Auf längere Sicht besteht sowohl eine erhöhte Morbidität als auch ein erhöhtes Mortalitätsrisiko. Mangelernährung und kognitive Defizite treten bei geriatrischen Patienten oftmals gemeinsam auf.

Bei der Definition der Mangelernährung werden Marasmus (reduziertes Körpergewicht, reduzierte Eiweiss- und Fettdepots bei verminderter Energiezufuhr) und Kwashiorkor (signifikante Reduktion des Körpereiweisses mit reduzierter Körperzellmasse bei zumeist noch normalem Körpergewicht) unterschieden. Bei geriatrischen Patienten findet man in der Regel eine Kombination von Eiweiß- und Energiemangel, die sog. Protein-Energie-Malnutrition (PEM).

Für die Objektivierung einer Protein-Energie-Malnutrition werden in der Praxis vielfach folgende Screening-Verfahren herangezogen:

1. Mini Nutritional Assessment (MNA)
   siehe http://www.mna-elderly.com/forms/MNA_german.pdf
2. Nutritional Risk Screening (NRS)
   siehe http://dgem.de/material/pdfs/NRS__schuetz_2002_Sept_2006.pdf
3. Subjective Global Assessment (SGA)
   siehe http://dgem.de/fragen/bogen.pdf

Für die Kodierung der Mangelernährung ist eine möglichst genaue und reproduzierbare Unterteilung in die Schweregrade leicht, mäßig und erheblich (ICD E43-E44) anzustreben. Hierfür erscheint die Basis-Einteilung des Nutritional Risk Screenings am praktikabelsten geeignet.

Für Situationen ohne genaue Kenntnis der Basisparameter einer Einschätzung des Ernährungszustands — BMI, Gewichtsverlust und/oder Ernährungsprotokoll — verbleiben auf der Grundlage klinischer Einschätzung nur die ICD E41 ("Alimentärer Marasmus") und die ICD E46 ("Nicht näher bezeichnete Energie- und Eiweißmangelernährung").

Wenn eine verursachende Grundkrankheit (z.B. Karzinom, COPD) eindeutig der Fehl- bzw. Mangelernährung pathogenetisch zugeordnet werden kann, dann sollte die Kachexie (ICD R64) anstelle der ICD E41-E46 kodiert werden.

 

Merkmalkomplex 11: Miktionsstörungen

Bei diesem Merkmalkomplex steht die Harninkontinenz im Mittelpunkt. Diese sollte, wenn möglich, ätiologisch genau kodiert werden (z.B. Überlaufinkontinenz, Dranginkontinenz).

 

Merkmalkomplex 12: Störungen des Gastrointestinaltrakts

Obstipation wird definiert als zwei oder weniger Entleerungen pro Woche, große Pressanstrengungen, das bleibende Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung und erhöhte Stuhlkonsistenz (Schafkotstuhl). Zwei oder mehr Symptome müssen über mindestens drei Monate bestehen. Bis zu 50 Prozent der älteren Bevölkerung verwenden regelmäßig Laxantien (s.a. Tabelle Multimorbidität — Medikationsprobleme — Laxantien-Abusus).

Die Diarrhoe ist eine mehr als dreimalige Entleerung (innerhalb 24h) breiiger oder wässriger, meist größerer Mengen Stuhl. Hier ist bei der Kodierung auf die Ätiopathogenese zu achten (infektiös / nicht-infektiös).

 

Merkmalkomplex 13: Medikationsprobleme

Der Merkmalkomplex "Medikationsprobleme" reflektiert nicht einfach nur die geriatrietypische Multimedikation, sondern alle manifesten Störungen und Komplikationen, die aus unerwünschten Nebenwirkungen, versehentlichen Überdosierungen, Complianceproblemen oder Medikamentenmissbrauch resultieren.

Unerwünschte Nebenwirkungen indikationsgerechter Arzneimittel bei Einnahme gemäß Verordnung werden wie folgt kodiert: ein oder mehrere Kodes für den krankhaften Zustand, in dem sich die Nebenwirkungen manifestieren, optional ergänzt durch ICD Y57.9! "Komplikationen durch Arzneimittel oder Drogen" (DKR 1917d; vgl. Tab. 4.13.1).

Die Diagnose "Vergiftung durch Arzneimittel/Drogen" (ICD T36-T50 und T51-T65) wird gestellt bei irrtümlicher Einnahme oder unsachgemäßer Anwendung, Einnahme zwecks Selbsttötung und Tötung und bei Nebenwirkungen verordneter Medikamente, die in Verbindung mit einer Eigenmedikation eingenommen werden (DKR 1916e; vgl. Tab. 4.13.2).

Eine Nebenwirkung eines Medikaments, das in Verbindung mit Alkohol eingenommen wurde, ist als Vergiftung durch beide (Wirk-)Stoffe zu kodieren. Eine Nebenwirkung, die wegen der Verbindung eines verordneten und eines nicht verordneten Medikaments auftritt, ist als Vergiftung durch beide (Wirk-)Stoffe zu kodieren (DKR 1918a).

 

Merkmalkomplex 14: Seh- und Hörbehinderung

Eine starke Sehbehinderung und/oder ausgeprägte Schwerhörigkeit treten im Alter häufig auf und charakterisieren die typische geriatrische Komplexität der Multimorbidität älterer Patienten.

 

Merkmalkomplex 15: Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt

Im Alter kommt es häufig zu Störungen des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts. Störungen des Elektrolythaushalts sind nicht selten durch iatrogene Maßnahmen (z.B. Diuretika) mit verursacht. Eine Exsikkose findet sich bei bis zu einem Viertel der Patienten, die akut in geriatrische Kliniken eingewiesen werden.

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[Bearbeitungsstand: 24.06.2013]